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Die Revolution: Referat von Wolfgang Blau

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„Es gehört zum Wesen von Revolutionen, dass ein Teil der Elite lieber untergeht, als sich zu verändern.“

Wolfgang Blau beschreibt den Wandel, den der Journalismus aktuell durchmacht, als echte Revolution. Eine Revolution, die weh tut. Eine Revolution, die fordert und überfordert. Vor allem aber eine Revolution mit ungewissem Ausgang: „Das Netz schafft für uns alle eine neue Ordnung. Ob diese besser oder schlechter sein wird als die jetzige, das wissen wir noch nicht.“

Die schwierigste und wichtigste Aufgabe, die Medienmacher haben: Sie müssen den Kulturwandel mitmachen und gleichzeitig steuern. Laut Blau bewegt sich die Branche nicht schnell genug, sie verschwende viel zu viel Zeit mit nostalgischen Rückblicken.

Journalisten täten sich so schwer mit der Veränderung, weil einst so sicher geglaubte Grenzen verschwimmen. Insbesondere zwischen Profis und Amateuren. Es geht um nichts weniger als die Identität des Journalisten, seine Rolle und das Selbstverständnis, mit dem er arbeitet.

Blau streicht drei Kernpunkte des Journalismus von heute heraus:

1) Interaktion muss als genuiner Bestandteil des Journalismus verstanden werden. Wir können nicht Kommunikation als unsere Kernkompetenz ansehen, wenn wir im Netz als schweigende Inseln wahrgenommen werden. Rein rechnerisch gibt es „da draussen“ immer jemanden, der zu einem Thema, über das wir berichten, besser Bescheid weiss als wir. Wir müssen diese Leute einbeziehen und ihnen auf Augenhöhe begegnen.

2) Transparenz ist heute selbstverständlich. Politiker in den USA und England werden von verschiedenen Organisationen und Medien bis ins kleinste Detail durchleutet. Auch wir als Journalisten müssen unseren Lesern gegenüber transparenter werden. Journalisten müssen offen legen, wo sie stehen, mit wem sie wie verbunden oder verflochten sind. Glaubwürdigkeit ist, wenn sie es nicht immer schon war, so sicher im heutigen Umfeld unser höchstes Gut.

3) Mehr Journalisten müssen lernen, wie man programmiert, mehr Programmierer müssen zu Journalisten werden. Nur so sind wir in der Lage, die riesigen Datenberge sinnvoll für unsere Arbeit zu nutzen und für unsere Leser aufzubereiten. Es ist eine Pflichtverletzung jedes Journalisten, der sich als Teil der vierten Gewalt versteht, wenn er das Internet nicht gut versteht. Das Internet ist quasi Betriebssystem unserer Gesellschaft, nicht einfach nur Vertriebskanal.

Journalisten sollen sich nicht beklagen, sondern sich privilegiert fühlen. Uns steht eine unglaublich spannende Zeit bevor. Wir haben das Privileg, in einer Zeit als Journalisten zu arbeiten, in der sich die Branche neu erfindet.

Was wir als Journalisten brauchen um zu bestehen: Mut. Mut uns zu verändern und Mut, das Ungewisse zu umarmen.

Zur Person: WOLFGANG BLAU
Chefredaktor ZEIT Online in Hamburg
> ZEIT Online
> Persönliche Website
> Wolfgang Blau bei Twitter

Geschrieben von David Bauer

7. September 2010 um 18:33

Abgelegt in Mediapodium

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