Corinne Schmidhauser, Anwältin, Präsidentin Antidoping Schweiz, Grossrätin Kt. Bern, ehem. Skirennfahrerin
Guten Journalismus heute
Wir sind mitten in einer Informationsinflation, einer Inflation des Halbwissens auch, des schon-mal-irgendwo-gelesen-haben’s, meist on- manchmal auch offline. Das «Informationsmonopol» ist den Journalisten längst abhanden gekommen. Immer wichtiger deshalb für mich als Userin: kann ich der Quelle meiner Informationen trauen? Was ist wahr und was ist cyper-(trash) talk?
Seriöse Wissensvermittlung scheint mir wichtiger denn je.
Verantwortungsvolles umgehen mit den Quellen – zentral!
Aber guter Journalismus ist mehr: Dieser Journalist, diese Journalistin gibt mir das Gefühl, sie habe nachgedacht, bevor sie geschrieben oder gesendet hat. Er gibt mir die Sicherheit, dass er akribisch korrekt recherchiert hat, sie lässt mich mit ihren Augen Zusammenhänge erkennen, lässt mich mein Halbwissen verifizieren oder dementieren und das Vertrauen gewinne ich, weil er auch den Genitiv und die Orthografie kennt. Durchaus spielerisch, durchaus modern, aber bitte in einer Sprache, nicht im Slang des Porträtierten.
Das möchte ich lesen, das möchte ich hören oder sehen – das bin ich auch bereit zu honorieren. Aber nur das. Lässig hingeworfenes Halbwissen, schlecht recherchierte, oder schlimmer, falsch zitierte, Quellen, schludrig geschriebene Essays, sprachlich in falschen Bildern aufbereitet – ärgern mich und lassen mich die Seite drehen oder weiterklicken. Das bekomme ich ohne weiteres auch im Facebook, auf Twitter, überall halt. Kostenlos. Vertrauenslos.
Ich weiss, die Ansprüche sind hoch und ich weiss auch, dass die Wirtschaftlichkeit dieses hohen Gutes (noch) nicht überall erkannt ist. Aber ich bin überzeugt, dass sich die Spreu vom Weizen trennen wird, weil das eine hat keinen Mehrwert (mehr) in unserer vernetzten Welt. Ich glaube, dass die allgemeine Verfügbarkeit von Informationshäppchen eine Chance ist für den qualitativen Journalismus. Aber nur für ihn. Das ist ein Wunsch und ein Ziel zugleich. Ein lohnenswertes Ziel finde ich. Denn ich gebe es gerne zu, ich schätze guten Journalismus ausserordentlich, für mich persönlich, aber mehr noch, für unsere Gesellschaft als Ganzes.