Margrit Sprecher antwortet dem MAZ
Es ist nicht die Frage, die erschreckt. Es ist die Tatsache, dass sie gestellt wird. So tief also ist unser Selbstbewusstsein schon gesunken. Nur, weil sich Heerscharen von Hobby-Tippern im Internet tummeln und ihre momentanen Befindlichkeiten ins All schleudern, fragen sich ausgebildete JournalistInnen ernsthaft: Braucht es uns noch? Nur weil die Online-Dienste der Medien – dank ihrer Kürze und Aktualität – immer häufiger genutzt werden, bangen wir: Mag noch jemand Zeitung lesen?
Kein Gourmetkoch schliesst sein Restaurant, weil die Fastfood-Ketten boomen. Denn er weiss: Seine Gerichte werden nicht bloss konsumiert und gleich wieder vergessen. Sein Gast studiert, bewertet und geniesst das Gebotene. So wie der Leser eine gute Zeitungen und Zeitschrift. Gute Blätter sind kreativ, sorgen für Ambiente und Zwischentöne. Sie fügen die Info-Fetzen aus dem Internet und den Gratis-Zeitungen zum Bild, erkennen Zusammenhänge und liefern Tiefenschärfe. Gut möglich, dass wir es uns diesbezüglich zu lange zu leicht gemacht haben. Höchste Zeit, dies zu ändern.
Ja, die Frage ‚Wozu noch Journalismus‘ ist schrecklich. Aber Ihre eigene Antwort irgendwie auch. Denn ein wirtschaflicher Gourmetkoch MUSS schliessen, wenn den meisten Fastfood reicht und der ‚Genuss‘ nicht mehr gefragt ist – Qualität hin oder her. Ausser jemand bricht die Marktbedingungen und subventioniert ihm seine Leistung: Journalismus und seine Produkte sind zu fördern!
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13. Jun 10 um 21:05