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Bundesrat Moritz Leuenberger antwortet dem MAZ

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Bundesrat Moritz Leuenberger antwortet dem MAZ, der Schweizer Journalistenschule

Moritz Leuenberger

«Medienkonsumenten sind auch Bürger.

Wozu noch Journalismus? Ein Seufzer, den Zeitungsleserinnen, Fernsehzuschauer und Journalistinnen gleichermassen zum Himmel senden, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Die Entwicklung der Medienlandschaft der letzten Jahre könnte ja tatsächlich den Eindruck vermitteln, der Journalismus werde nach und nach abgeschafft. Traditionsreiche Zeitungstitel sind im Zuge von Fusionen verschwunden. Die verbliebenen Redaktionen wurden unter wirtschaftlichem Druck merklich ausgedünnt. Dies schlägt sich in Qualitätseinbussen nieder. Gründlich recherchierte Artikel sind selten geworden, Journalistinnen und Journalisten sind unter Druck, rasch und viel zu produzieren. Gratiszeitungen richten ihren Journalismus nach den Kriterien der Werbung und der Effekthascherei aus.

Dieser kulturpessimistischen Bilanz muss aber sogleich ein ganzheitlicher Blick folgen. Während sich der Blätterwald gelichtet hat, hat sich die Informationsfülle verdichtet. Wir informieren uns gleichzeitig über immer mehr Kanäle: Zeitungen, Radio, Fernsehen, Internet, SMS, Twitter, Facebook. Wir merken dabei: Eine Vielfalt an Informationsträgern, die schier unendliche Mengen an Informationen verbreiten, bedeutet nicht automatisch, dass wir besser informiert wären.

Wer auf dem Meer unterwegs ist, braucht Navigationshilfen. Aufklären, einordnen, gewichten, übersetzen: Auf diese Kernkompetenzen des Journalismus sind wir dringend angewiesen. Journalismus sollte seinen Lesern, Zuhörerinnen und Zuschauern die Fakten so vermitteln, dass sie selber zur freien Meinungsbildung fähig werden. Medienkonsumenten sind auch Bürger. Dies ist – gerade in unserer direkten Demokratie – die grosse gesellschaftliche und politische Aufgabe des Journalismus. Sie darf auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht geopfert werden. Das MAZ trägt seit 25 Jahren dazu bei, das Bewusstsein für diese Verantwortung zu schärfen. Diesen Beitrag braucht es heute mehr denn je.»   

Bundesrat Moritz Leuenberger – Antwort auf die Frage „Wozu noch Journalismus“ 

Geschrieben von Maz Blogger

10. Juni 2010 um 17:01

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1 Kommentar zu 'Bundesrat Moritz Leuenberger antwortet dem MAZ'

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  1. Schöne Worte vom Medienminister, das ‚maz‘ hat sie verdient. Aber alles, auch diese Kampagne, scheint auf die Krise des Journalismus der ZEITUNGEN und nicht aller Medien zu zielen. Was ist mit den Radio- und TV- Medien, den öffentlichen und den Privaten? Mit den Online- und Mobilmedien? Gerade für letztere braucht es doch noch mehr gute Journis.
    Und warum bekommen wir maz-Studierende kaum mehr Stipendien? Nur noch die Uni-Leute, die eh schon durch den Staat gefördert werden?

    Freddy

    10. Jun 10 um 20:59

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