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Urs Gossweiler, CEO der Gossweiler Media

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Urs Gossweiler

Urs Gossweiler

Statement zur Zukunft des Journalismus
Multimedialität als Herausforderung und Chance

Heute sind sich Mediennutzer gewohnt, innert weniger Klicks einen Artikel, die passenden Bilder dazu, einen Fernsehbeitrag und Originaltöne zu einem Thema zu finden. Niemand wundert sich mehr darüber, dass Youtube zu jedem noch so kleinen Ereignis ein Video ausspuckt. Der Umgang mit multimedialen Inhalten ist selbst-verständlich geworden, weil das Internet die Möglichkeiten dazu bietet. Der Nutzer hat sich daran gewöhnt und hat daraus ein Bedürfnis zum Konsum von multimedialem Content entwickelt. Doch welcher Verlag kann von sich behaupten dieses Bedürfnis vollumfänglich zu befriedigen?

Multimediajournalisten sind gefragt

Es wird immer weniger spezialisierte Printjournalisten, Fernseh-journalisten und Radiojournalisten geben, weil es Journalisten braucht, die dem heutigen Selbstverständnis der multimedialen Nutzung der Konsumenten gerecht werden. Journalisten müssen die heutige Multimedialität nicht nur konsumieren, sondern selbst auch produzieren können. Der neue multimediale Journalist muss innert kurzer Zeit fähig sein, den Output für sämtliche Medienkanäle selbst zu generieren. Solche Journalisten sind noch rar.

Grosse Medienkonzerne überleben

Wenn die Verlage einerseits begreifen, dass sie multimedialer werden müssen, um dem Bedürfnis der Kunden gerecht zu werden, und andererseits nur wenige Journalisten heute in der Lage sind, multimediale Inhalte in Personalunion herzustellen, ergibt sich folgendes Problem: Es überleben die grossen Medienkonzerne, die es sich leisten können, an eine Geschichte fünf Leute zu hängen, welche den multimedialen Output innert kurzer Zeit generieren. Dadurch werden nur noch Grossereignisse in den Medien abgebildet, weil kleinere Geschehnisse für die Verlage nicht finanzierbar sind. Lokale Ereignisse werden höchstens monomedial abgebildet und werden für die Nutzer uninteressant, weil sie sich Multimedialität gewöhnt sind.

Kleine Ereignisse wandern ins Web 2.0

Die kleinen Geschehnisse werden in Nischenmärkte gedrängt und nur noch von unbezahlten Privatpersonen im Web 2.0 publiziert und diskutiert. Eine Entwicklung, die vom journalistischen, demokratischen, gesellschaftlichen und föderalistischen Standpunkt aus nicht befürwortet werden kann. Wenn lokale Geschehnisse, sei dies aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Kultur oder im Sport nicht mehr in einer breiten Gesellschaftsschicht diskutiert werden können, weil sich die Diskurse nur noch in spezialisierten Foren auf Facebook, Twitter, Blogs und co fortsetzen, so verarmt unsere Gesellschaft. Der lokale Zusammenhalt und das Wissen, was sich im Umfeld des Wohnorts ereignet, geht verloren. Wenn sich die Verlage dessen nicht bewusst werden, wird die Schweiz, die zu Recht stolz auf ihre föderalistisch-demokratische Struktur ist, zunehmend vor sich hin erodieren.

Alleskönner sind gefragt

Für Journalisten heisst dies, dass sie neben den journalistischen Grundanforderungen zusätzlich kostengünstig fähig sein müssen, gut zu texten, schöne Bilder zu schiessen, eine Videokamera zu bedienen und ein Mikrofon richtig zu platzieren. Der Umgang mit multimedialen Produktionsabläufen und die multimedialen Kenntnisse der Journalisten müssen in der Aus-und Weiterbildung gezielt vermittelt werden. Auch die Verlagshäuser sind gefordert: Sie müssen Redaktionssysteme bereitstellen, welche den Eigenschaften der neuen Journalisten Rechnung trägt und die Multimedialität vereinfacht.

Mehr multimediale Qualität, mehr Aufmerksamkeit, mehr Werbeeinnahmen

Wenn der Mediennutzer merkt, dass er im Multimediaverbund der Verlage mehr und qualitativ Besseres geboten bekommt, als er im Internet selbst findet, wird er seine Aufmerksamkeit vermehrt den Verlagen schenken. Damit wird der Kreis geschlossen, denn wer mehr Aufmerksamkeit erhält, wird auch mehr und wertvollere Werbung verkaufen können, was zur Folge hat, dass eine qualitativ hochstehende Publizistik finanziert werden kann.

Geschrieben von Maz Blogger

19. Juli 2010 um 13:19

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