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Markus Spillmann antwortet dem MAZ

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Markus Spillmann

Eigenartig, diese Frage – ich habe sie mir in meinem ganzen Berufsleben so noch nie gestellt. Offenbar nehme ich etwas für selbstverständlich, das es nicht ist; oder etwa nicht mehr?

Hätte die Frage gelautet, «wozu noch guter Journalismus?», wäre mir eine Antwort leichter gefallen. Journalismus ist mehr als handwerkliches Genügen, mehr als die rein funktionale Haltung, Inhalte kostenlos oder gegen Entgelt zu produzieren. Denn das können viele – und immer mehr, der technologische Fortschritt sei Dank. Guter Journalismus aber definiert sich über Kompetenzen, über Talente, über Fleiss und Ehrgeiz, über Idealismus und – ja – Passion. Handwerkliches Genügen ist dabei eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung. Denn auch schlechter Journalismus kann handwerklich hervorragend gemacht sein. Jeder Chirug kann mit akuraten Schnitten den Blinddarm herausoperieren. Allein: Ohne richtige Diagnose, warum der Patient über Bauchschmerzen klagt, ist der Eingriff unter Umständen nichts wert.

Warum also Journalismus – den guten? – Nun, weil es in einer Welt voller Informationen Platz hat für eine Berufsgattung, die für andere Menschen diese Informationsfülle sichtet, ordnet, nach Relevanz prüft, Mehrwerte schafft durch Ausleuchtung und Hintergrund, durch Recherche und Offenlegung, durch Analyse und – ja, gerade auch in Zeiten der Vielstimmigkeit – durch Meinung. Das galt vor 100 Jahren genauso wie es heute gilt – und es wird auch morgen noch so sein.

Das Handwerkliche mag sich ändern, das Prinzip aber bleibt sich gleich: Guter Journalismus schafft Ordnung, sorgt für Transparenz, reduziert Komplexitäten, bietet einen Kompass und leuchtet den Weg. Journalismus ist mehr als das Nachplappern von Informationen; Journalismus schafft Inhalte. Das war, das ist und das bleibt eine hehre Aufgabe, eine wunderschöne Herausforderung, nicht ohne Fallstricke, nicht ohne Widersprüche. Vielleicht liebe ich meinen Beruf deshalb so sehr, und vielleicht ist das auch der Grund, dass ich mir diese Frage nie gestellt habe. Kurzum: Ich bin Journalist.

Geschrieben von Maz Blogger

21. Juni 2010 um 18:38

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